Friedenslied
Das "Friedenslied" habe ich im Sommer 2023 extra für eine Konzertreihe im April/Mai 2024 geschrieben, bei der meine beiden Chöre Main-Taunus-Kammerchor und Mörth Singers zusammenkamen. Ich suchte schon seit einigen Wochen nach einem geeigneten Text für das Stück, und schließlich entdeckte ich durch das "Schicksalslied" von Johannes Brahms die Texte von Friedrich Hölderlin (1770-1843), die mich sofort in ihren Bann zogen. In seinem Gedicht "Frieden" fand ich endlich einen Text, den ich vertonen wollte.
Da ich in der Zeit gerade das "Schickalslied" erarbeitete, ist mein "Friedenslied" sehr stark davon inspiriert.
Das "Friedenslied" ist in vier Teile gegliedert, einer für jede der vier verwendeten Strophen aus dem Gedicht von Hölderlin:
Zu lang, zu lang schon treten die Sterblichen
Sich gern aufs Haupt, und zanken um Herrschaft sich,
Den Nachbar fürchtend, und es hat auf
Eigenem Boden der Mann nicht Segen.
Und unstät wehn und irren, dem Chaos gleich,
Dem gärenden Geschlechte die Wünsche noch
Umher und wild ist und verzagt und kalt von
Sorgen das Leben der Armen immer.
Du aber wandelst ruhig die sichre Bahn,
O Mutter Erd, im Lichte. Dein Frühling blüht,
Melodischwechselnd gehn dir hin die
Wachsenden Zeiten, du Lebensreiche!
Komm du nun, du der heiligen Musen all,
Und der Gestirne Liebling, verjüngender
Ersehnter Friede, komm und gib ein
Bleiben im Leben, ein Herz uns wieder.
In der ersten Strophen klagt das lyrische Ich über die Menschen, die "Sterblichen", die nicht aufhören, aus Gier nach Macht und Reichtum einander zu bekämpfen. Dieser Teil ist zunächst melancholisch-traurig vertont und erinnert in der Klangfarbe an die Sunrise Mass von Ola Gjeilo (welche im gleichen Konzert vor dem Friedenslied zu Gehör kam). Dann wird der Text noch einmal wiederholt, diesmal jedoch mit deutlich mehr Nachdruck, aus dem die Verzweiflung aufgrund der sinnlosen Kriege herauszuhören ist.
Die zweite Strophe beschreibt die von Kriegen zerrüttete, "wilde" Welt, in der das "Chaos" regiert und die Menschen ein elendes Dasein in Armut fristen. Die Wildheit dieser Strophe wird durch ein schnelles Tempo und rythmische Verschiebungen dargestellt. Das zunächst im Unisono des Chores vorgetragene Thema erinnert ein bisschen an ein Kriegslied, bevor in der darauffolgenden Fuge alle Stimmen durcheinander singen und das Chaos in zwei lauten Verzweiflungsschreien des Chores seinen Höhepunkt erreicht.
Inmitten der größten Verzweiflung erscheint plötzlich Mutter Erde, gesungen von einem Mezzosopran, die einem Windhauch gleich die Wolken des Krieges wegwischt. Dahinter erscheint die Sonne, die mit ihrem Licht und ihrer Wärme den Frühling bringt. Voller neugewonnener Hoffnung stimmt der Chor in den Gesang mit ein.
In der letzten Strophe besingt Mutter Erde schließlich einer Beschwörung gleich den von allen "ersehnten Frieden". Die flirrenden Streichertremoli suggerieren hier das Wirken eines Zaubers, der den Frieden zurückbringt. Das magische Knistern entlädt sich schlussendlich in einem wohlklingenden Durakkord.
Besetzung: Mezzosopran, SATB, Streichorchester
Dauer: 17 min
Mezzosopran: Guenaelle Mörth
Main-Taunus-Kammerchor, Mörth Singers
Main-Taunus-Strings
Leitung: Julian Mörth, 2024